Vorwort
Nachdem Aufgrund des Arbeitskräftemangels in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1961 mit der Türkei ein Vertrag zur Anwerbung von Arbeitskräften geschlossen und anschließend auch in der kurdischen Stadt Mardin ein Anwerbe-Büro eröffnet wurde, ist Deutschland seit nunmehr fast 40 Jahren das Ziel vieler Menschen aus Kurdistan.
Inzwischen leben rund 800.000 bis 900.000 KurdInnen in Deutschland, davon rund 70.000 in der Bundeshauptstadt Berlin, die als Arbeitsemigranten kamen oder als Flüchtlinge vor den Regimes in der Türkei, in Syrien , im Iran und Irak ihre Heimat verlassen mussten. Damit stellen sie eine der größten Migrantengruppen in der Bundesrepublik Deutschland dar. Aus den unterschiedlichsten Gründen sehen viele KurdInnen ihre Zukunft inzwischen in Deutschland; eine Rückkehr wird – vor allem von den hier geborenen Menschen der 2. und 3. Generation – nicht mehr in Betracht gezogen.
Parallel zur Entwicklung in der Türkei, wo in den siebziger Jahren die kurdische Bewegung erstarkte, definierten sich auch in Deutschland viele Migranten nicht mehr als Türken, sondern betonten ihre kurdische Identität. Um ihrer Arbeit eine langfristige Perspektive zu geben, gründeten im Jahre 1975, also vor nunmehr 25 Jahren, kurdische Arbeiter und Studenten in Berlin den ersten kurdischen Migrantenverein, den Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V., der seitdem eine beliebte Anlaufstelle für kurdische Migranten und Flüchtlinge, inzwischen aber auch für Migrantenkinder der 2. und 3. Generation, ist.
Seine erste Aufgabe sieht der Verein in der Pflege und Entwicklung der kurdischen Identität der KurdInnen in Berlin. Zu diesem Zwecke wird der kurdischen Kultur (Musik, Volkstanz, Literatur) besondere Aufmerksamkeit geschenkt. So gibt es eine Volkstanzgruppe und auch eine Musikgruppe, die sich in den Räumlichkeiten des Vereines treffen. Daneben werden auch eine Reihe von Maßnahmen zur Integration der KurdInnen in die deutsche Gesellschaft durch Beratung, Kurse (z.B. Sprachkurse), Seminare und andere Veranstaltungen durchgeführt. Einen Schwerpunkt legt der Verein hierbei auf die Frauenarbeit. Der dritte Aufgabenbereich ist die Unterrichtung und Aufklärung der deutschen Bevölkerung über die Situation in Kurdistan und die Lage der KurdInnen in der Bundesrepublik.
Der Vorstand
1.Allgemeines
Der Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V. (KKH) ist ein gemeinnütziger Verein und Mitglied bei KOMKAR, Verband der Vereine aus Kurdistan und im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPW). Unser Verein wurde 1975 als Selbsthilfeprojekt von MigrantInnen kurdischer Herkunft gegründet. Der Verein dient in erster Linie der Integration der kurdischen Bevölkerungsgruppe unter Beibehaltung ihrer Identität, Sprache und Kultur in die Deutsche Gesellschaft und bemüht sich mit seinen Aktivitäten darum, freundschaftliche Beziehungen und Solidaritätsgeist unter der deutschen und der kurdischen Bevölkerung zu stärken. Der Kurdistan Kultur- und Hilfsverein entwickelt Projekte mit der Absicht, die soziale und rechtliche Lage der kurdischen MigrantInnen und Flüchtlinge zu verbessern und deren Isolierung abzubauen.
Ein anderer Bereich, dem der Verein intensiv nachgeht, ist die Pflege der kurdischen Kultur, Sprache und Geschichte. In diesem Zusammenhang veranstaltet der Verein Musik-, Film-, und Theateraufführungen, Volkstänze Vortragsreihen und Kurse. Ferner organisiert er Feste und versucht mit diesen Aktivitäten die Hemmschwellen zwischen beiden Kulturen zu überwinden. Der Verein führt außerdem Kurdisch-Kurse für KurdInnen und Deutsche durch. Der Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V. bietet der in Berlin lebenden kurdischen Bevölkerungsgruppe rechtliche und soziale Beratung an und pflegt n eine Jugend- und Frauengruppe . Der Verein ist ferner Träger zweier Projekte, die von den jeweiligen Senatsverwaltungen gefördert werden: Die Kindertagesstätte HÊLIN, die zweisprachige (deutsch und kurdisch ) Erziehung anbietet, und das Projekt "Berufsorientierung für Flüchtlingsfrauen" .
2. Allgemeine Integration und Partizipation
Für die Integration der KurdInnen in die deutsche Gesellschaft ist die beiderseitige Bereitschaft dazu unabdingbar. Zum einen müssen die KurdInnen bereit sein, sich an bestimmte Normen anzupassen sowie die Sprache und Kultur der Mehrheitsgesellschaft kennen zu lernen, zum anderen muss auf deutscher Seite die Offenheit zum Kennenlernen und Akzeptieren der kurdischen Kultur vorhanden sein.
Zu diesem Zweck bietet KKH interessierten Kreisen folgendes an:
- über die politische Struktur der BRD, das Parteiensystem, Schulsystem, Gesundheitssystem, Verwaltungssystem etc. in Deutschland
- zum Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und Möglichkeiten der Bekämpfung dessen
- über Partizipationsmöglichkeiten am sozialen, gesellschaftlichen sowie politischen Leben
- über die Europäische Union und Migrationsspezifische Themen
- kurdische Kulturtage zur umfassenden Vermittlung von Informationen über die kurdische Kultur
Zur Partizipation gehört auch die aktive Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben. Daher motiviert KKH die KurdInnen, Mitglied in deutschen Parteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen zu werden.
3. Beratung und Betreuung
Für die Beratung und Betreuung stehen für Hilfesuchende sowohl hauptamtliche als auch ehrenamtliche Berater zur Verfügung.
Die Beratungssuchenden erhalten neben sozial- und arbeitsrechtlicher Informationen auch Beratung und Betreuung für die schulische und berufliche Weiterbildung. Ferner ist unser Verein für die kurdischen Flüchtlinge eine vielbesuchte Einrichtung in der sie Kontakte pflegen und sich gegenseitig austauschen können. Für die Schulkinder bietet der Verein auch Schularbeits- und Nachhilfe an.
Unser Ziel ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Dazu reichen i.d.R. einmalige Beratungsgespräche nicht aus. Über Seminare und Tagungen für bestimmte Zielgruppen (z.B. Jugendliche, Mädchen und Frauen ) und zu bestimmten Problembereichen (z.B. Schule und Ausbildung, Arbeit und Wohnen ) sollen die Betroffenen selbst Handlungsmöglichkeiten erkennen und nutzen lernen.
4. Jugendarbeit
Unsere Zielgruppe sind kurdische Kinder und Jugendliche im Alter von 7 - 27, die sich wiederum in zwei unterschiedliche Gruppen aufteilen. Da gibt es erstens die jugendlichen Flüchtlinge, die mit der deutschen Sprache nicht vertraut sind und einer besonderen Betreuung bedürfen, da sie in dieser "neuen Welt" Orientierungsschwierigkeiten haben und somit auch einem Identitätsproblem zu kämpfen haben.
Als zweiter Teilbereich unserer Zielgruppe gibt es die Jugendlichen, die in Deutschland aufgewachsen sind und mit der deutschen Sprache einigermaßen vertraut sind aber ihre Muttersprache ( Kurdisch ) nicht beherrschen. Wir versuchen mit unseren Freizeitangeboten die Verständigung dieser beiden Gruppen zu fördern, um sowohl einerseits die hier geborenen Jugendlichen ihrer Kultur und Sprache näher zu bringen und andererseits den jungen Flüchtlingen zu ermöglichen sich ein z.T. familiäres und positives Umfeld aufzubauen.
Die Mädchen und Jungen haben hier vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. In einer Volkstanzgruppe für Kinder und Jugendliche lernen sie z.B. kurdische Volkstänze aus verschiedenen Provinzen Kurdistans und nehmen jährlich an zahlreichen multikulturellen Veranstaltungen teil.
Den Höhepunkt der Auftritte der Volkstanzgruppe, die durchschnittlich aus 30 Jugendlichen besteht, bildet das kurdische Neujahrsfest, das von unserem Verein alljährlich im März organisiert wird und an dem auch zahlreiche deutsche BürgerInnen teilnehmen.
Des weiteren gibt es in unserem Verein eine Sazgruppe, an der Interessierte teilnehmen können. Die Videogruppe wird ebenfalls von Jugendlichen organisiert. Von Zeit zu Zeit werden selbstgemachte Videoaufnahmen im Offenen Kanal Berlin gezeigt. Im Bereich der Jugendarbeit arbeiten wir mit anderen Vereinen sowie mit der Jugendförderung und der Sozialraum AG IV des Bezirksamtes Friedrichshain / Kreuzberg zusammen.
5. Die Kindertagesstätten:
HELIN
"Helin" ist ein kurdisches Wort und bedeutet "das Nest". Ziel unserer Einrichtung ist die Integration zwischen der deutschen und kurdischen Bevölkerung. Ausgehend von dieser Zielsetzung ist unser Verein der Auffassung, daß die Integration im Kleinkindalter besser zu gestalten ist und die Kinder bikulturell erzogen werden können. Aus diesem Selbstverständnis heraus hat unser Verein seit April 1990 die "Helin", die eine zweisprachige Erziehung mit kurdischen und deutschen ErzieherInnen anbietet. "Helin" betreut neben kurdischen und deutschen Kindern auch anderer Volkszugehörigkeit. Die Kindertagesstätte hat eine Kapazität von 25 Kindern, die von 5 ErzieherInnen betreut werden.
Die Anschrift der Kindertagesstätte HELIN lautet:
Nogatstr. 5 12051 Berlin-Neukölln Tel.: + 49 (030) 6 82 78 49
6. Projekt; "Berufsorientierung für Flüchtlingsfrauen"
Seit Oktober 1990 ist unser Verein Träger des Projekts "Berufsorientierung für Flüchtlingsfrauen". In jeweils 10-monatigen Lehrgängen lernen Flüchtlingsfrauen aus verschiedenen Ländern täglich 5 Stunden intensiv Deutsch und erhalten einen Einstieg in einige Berufszweige (Gesundheit, Erziehung, Bürokommunikation ). Das Programm wird von zwei Lehrerinnen durchgeführt und endet mit einem Praktikum in einem der von den Frauen gewählten Bereichen. Unser Projekt ist eines der wenigen Einrichtungen in Berlin, das sich speziell an Flüchtlingsfrauen wendet, die rechtlich und sozial besonders benachteiligt sind. Während der gesamten Maßnahme genießen die Frauen rechtliche Beratung und werden von einer Sozialarbeiterin betreut. Ziel des Projektes ist es, die Eingliederung der Flüchtlingsfrauen in die deutsche Gesellschaft zu erleichtern und Möglichkeiten für Frauen zu schaffen, damit sie im Anschluß an die Maßnahme eine Berufsausbildung beginnen können. Das Projekt "Berufsorientierung für Flüchtlingsfrauen" findet in den Vereinsräumlichkeiten statt. Weitere Informationen können von den Mitarbeiterinnen eingeholt werden.
7. Aktuelle Angebote
Stand: Juni 2003
Schularbeits- und Nachhilfe Sa. 13.00 bis 17.00 Uhr
Beratung für Mädchen Mo./Mi. 15.00 bis 17.00 Uhr
Deutschkurse Mo. – Fr. 9.00- 12.30 Uhr und Mo. – Fr. 16.00-19.30 Uhr
Sozialberatung Di./Mi./Fr. 10.00 bis 15.00 Uhr
Rechtsberatung Mi. 15.00 bis 16.00 Uhr
Politische Bildungsarbeit Fr. 17.00 bis 19.00 Uhr
Medienkurs Di. 15.00 bis 17.00 Uhr
Bewerbungskurs Fr./Sa. 16.00 bis 19.00 Uhr
Sazkurse
Anfänger So. 12.00 bis 14.00 Uhr
Fortgeschrittene So. 14.00 bis 16.00 Uhr
Kurdische Folkstänze
Für Kinder So. 13.00 bis 15.00 Uhr Für Jugendliche So. 15.00 bis 17.00 Uhr
Kurdischkurse (Zazaki/Kirmanci) nach Bedarf
Kurdistan
Kultur- und Hilfsverein e.V.
Paul-Lincke-Ufer 44a 10999 Berlin
Tel: 030-6189207 / 611 80 57 Fax: 030-611 33 19
http://kkh-ev.de E-Mail:
Öffnungszeiten :
Mo. - Fr. 09.00 –18.00 Uhr Sa. - So. 12.00 – 18.00 Uhr
Bankverbindung:
Bank für Sozialwirtschaft , Konto Nr. 3123500, BLZ 100 205 00